«Ich bin froh, dass ich meine eigene Chefin bin»
Yael, du hast dich sehr jung selbstständig gemacht. Was war damals dein Beweggrund?
Ich habe bei einer Freundin gesehen, wie sie Influencerin wurde und überall auf der Welt arbeiten konnte. Das wollte ich auch. Ich habe dann meinen damaligen Arbeitgeber gefragt, ob ich einen Monat in Paris arbeiten könne. Das wäre von meinem Jobaufgaben grundsätzlich einfach machbar gewesen, aber mein Arbeitgeber wollte dies nicht bewilligen – das war noch vor der Covid-Pandemie. Da habe ich für mich entschieden, dass ich selbst bestimmen möchte, wann, wo und wie ich arbeite. Dann habe ich Jo kennengelernt und wir haben ein Problem entdeckt, das Unternehmen haben: Sie erreichen keine jungen Menschen mehr, weil sie nicht verstehen, wie sie ticken. Aus dieser Erkenntnis heraus ist 2020 unsere Beratungs-Agentur ZEAM entstanden.
Was macht eure Agentur konkret?
Wir sind eine Beratungsagentur spezialisiert auf die Generation Z. Wir helfen Unternehmen dabei, junge Menschen erreichen. Dies tun wir in strategischen Beratungen, in denen wir datenbasiert analysieren und konkrete Strategien entwickeln. Unsere Social-Agentur «ZEAM Creatives» kann in einem nächsten Schritt umsetzen und so authentisch junge Menschen für eine Firma begeistern – und zwar auf den Plattformen, auf denen junge Menschen sich befinden. Wir unterstützen Firmen bei diesen Herausforderungen: Produkte oder Dienstleistungen für die junge Zielgruppe entwickeln, sie bekannt zu machen, oder Junge Talente für sich zu gewinnen.
Wie funktioniert das?
In einem ersten Schritt müssen wir verstehen, was das Unternehmen attraktiv für junge Talente macht. Für diese Evaluation haben wir das «Lovejob-Modell» entwickelt. Da analysieren wir das Unternehmen, erheben Daten, führen interne qualitative und quantitative Umfragen durch und arbeiten mit bestehenden Wissensschätzen. Wir leiten daraus konkrete Handlungsempfehlungen ab, wie sich die Unternehmen weiterentwickeln müssen, um junge Menschen anzusprechen. Dazu gehört: Wie finde ich junge Talente, wie begeistere ich junge Talente und wie halte ich junge Talente.
Was machen denn Unternehmen falsch, wenn sie die Generation Z ansprechen wollen?
Das Problem liegt meist darin, dass Unternehmen immer über junge Menschen sprechen, aber selten mit ihnen selbst. In vielen Unternehmen sitzt ein Team von erfahrenen Marketingleuten an einem Tisch, das überlegt, wie sie junge Zielgruppen ansprechen wollen. An diesem Tisch sitzt aber keine Person aus der Zielgruppe, die angesprochen werden soll – also unter 30 Jahre alt ist. Hier besteht noch sehr viel Potenzial.
Warum braucht die Generation Z eine andere Ansprache als andere Generationen?
Diese Frage höre ich oft. Es ist so, dass junge Menschen immer anders sind als ältere Menschen. Das war auch schon immer so. Junge Menschen wachsen in einer anderen Lebenswelt auf. Das verändert unseren Blick auf die Welt. Im Fall der Generation Z ist besonders, dass wir die erste Generation sind, die mit dem Internet aufgewachsen ist. Das Internet prägt, wie wir denken, wie wir konsumieren, wie wir miteinander umgehen und wie wir sprechen.
Mit welchen drei Wörtern würdest du die Generation Z beschreiben?
Die Gen Z ist willensstark, sie ist unbequem und sie ist mutig.
Welche Rolle spielt die Generation auf dem Arbeitsmarkt?
Viele Unternehmen spüren den Fachkräftemangel und suchen händeringend nach Mitarbeitenden. Dadurch können junge Menschen oft selbst aussuchen, wo sie arbeiten möchten. In dieser Konkurrenzsituation ist es wichtig, dass die Unternehmen attraktive Arbeitsplätze bieten, sowohl um junge Menschen anzuziehen als auch um bestehende Mitarbeitende im Unternehmen halten zu können. Dabei geht es um moderne Lösungen für Home-Office und Remote-Work, aber auch um einen zeitgemässen Umgang und eine moderne Kommunikation mit den Mitarbeitenden. Viele junge Menschen möchten nicht einfach Dienst nach Vorschrift machen, sondern wollen sich mit ihrem Arbeitgeber identifizieren können.
Du bist selbst zweifache Mutter. Wie bringst du Familie und Beruf unter einen Hut?
Ich bin froh, dass ich meine eigene Chefin bin (lacht). Ich bin wahrscheinlich nicht repräsentativ für meine Generation als Agenturleiterin und zweifache Mutter mit 24 Jahren, aber es ist in der Tat so, dass es noch einiges zu tun gibt, um Familie und Beruf besser vereinen zu können. Wirtschaft und Politik sind gleichermassen gefordert, neue Wege einzuschlagen. Ein einfaches Beispiel: Ich nehme die Kinder regelmässig mit ins Büro oder wenn ich an einem freien Tag spontan ein Meeting habe, dann sind sie halt dabei. Bei vielen Unternehmen wird es dagegen nicht gerne gesehen, wenn Mitarbeitende ihre Kinder mit mitnehmen. Es braucht aber auch strukturelles Umdenken, zum Beispiel mit attraktiveren Arbeitsbedingungen, Möglichkeit zu Teilzeitjobs und bessere Lösungen für die Kinderbetreuung.
Wie siehst du deine persönliche Karriereplanung?
Ich habe noch nie sehr weit in die Zukunft geplant. Ich hatte immer Visionen und ein Gefühl dafür, was ich erreichen möchte, aber es war nie ein konkreter Plan. Ich mache einfach, was sich in diesem Moment gerade richtig anfühlt und was Spass macht. Anders sieht es mit unserer Agentur aus. Für ein Unternehmen ist es wichtig, konkrete Ziele zu haben. Immer mehr Unternehmen werden vor der Herausforderung stehen, dass sie sich verjüngen müssen. Wir wollen der Beratungspartner sein, wenn es darum geht, eine Firma zu transformieren. Welches da unsere konkreten nächsten Schritte sind, kann ich noch nicht verraten. Nur so viel: Es werden noch einige spannende Momente auf uns zukommen!
Zur Person
Yaël Meier ist Mitgründerin von ZEAM. Die 24-Jährige gründete 2020 gemeinsam mit ihrem Lebenspartner die führende Werbe- und Beratungsagentur für die Generation Z im DACH-Raum und berät mit einem 30-köpfigen Team zahlreiche Unternehmen wie Porsche, Migros oder Zalnando. Zusätzlich ist Yaël SPIEGEL-Bestseller-Autorin des Buches «Gen Z», wurde zweimal als LinkedIn-Top-Voice und als «Forbes 30 under 30» ausgezeichnet. 2024 erschien im ARD die Doku-Serie «Money Maker» über sie.