«Chefs dürfen niemals Mails verschicken, während sie Ferien haben»
Interview: Edith Hollenstein
Ist die hybride Welt ein Vorteil für arbeitstätige Mütter?
Homeoffice ist ein Vorteil für alle Arbeitnehmenden – vorausgesetzt man ist fähig, seine Zeit richtig einzuteilen, sodass die beiden Welten möglichst nicht verschwimmen oder eine Welt zu viel Raum einnimmt.
Eine Studie von Microsoft zeigt, dass in der Pandemie zwar flexibler gearbeitet wurde, aber auch viel mehr als zuvor.
Wichtig ist, dass Angestellte lernen, ihre mentale Gesundheit zu pflegen. Hierbei spielen Führungskräfte eine sehr wichtige Rolle. Sie dürfen selbst niemals Mails verschicken, während sie Ferien haben. Wenn mir meine Führungskräfte am Wochenende Mails schicken, frage ich sie: Warum bist du online? Solche Kleinigkeiten sind wichtig. Sie fördern die Kultur, dass man sich abgrenzen kann. Das ist gerade für Mütter sehr wichtig. Sie müssen Phasen haben, in denen sie sich ganz um ihre Kinder kümmern können.
Haben diejenigen, die vermehrt im Homeoffice bleiben, geringere Karrierechancen?
Es ist wichtig, dass Mitarbeitende, die von zu Hause aus arbeiten, die gleichen Chancen bekommen wie diejenigen vor Ort. Unternehmen sollten sich mehr bemühen, eine inklusive Kultur zu fördern und zu etablieren.
Was heisst das?
Bei Salesforce haben wir entschieden, keine Vorgaben zu machen, wie oft die Mitarbeitenden im Homeoffice sein sollen. Wichtig ist dabei, alle Besprechungen inklusive zu organisieren. Das heisst: Wenn jemand nicht vor Ort sein kann, muss er sicher sein, keinen Nachteil zu haben. Nötig sind dafür technisch gut ausgestattete Räume für die virtuelle Zusammenarbeit.
Viele Teams sind derzeit daran, festzulegen, für welche Arbeiten sie ins Büro kommen. Wie handhaben Sie das persönlich?
Ich lege monatlich diejenigen Termine fest, die ich physisch vor Ort wahrnehmen will. Der Führungsalltag ist komplexer und schwieriger geworden. Führungspersonen müssen Formate schaffen, um mit den Mitarbeitenden in Kontakt zu treten. Diese müssen nicht zwingend physisch sein. Ich erinnere mich an wichtige, intensive Gespräche über Karriereplanung etwa, die rein digital stattgefunden haben. Sie entfalteten die gleiche Wirkung wie persönliche Treffen.
Führen Sie auch schwierige Mitarbeitenden-Gespräche online?
Wenn ich den Eindruck erhalte, gewisse Mitarbeitende seien nicht inkludiert, suche ich das Gespräch mit ihnen. Über Zoom-Meetings kann ich gut solche Themen ansprechen. Ich deklariere solche Onlinemeetings jeweils klar als «Wie können wir besser zusammenarbeiten»-Meeting.
Sie sagen, Männer und Frauen könnten in der heutigen Arbeitswelt genau gleich Karriere machen. Haben Sie selber Kinder?
Nein. Doch ich sehe, wie Frauen trotz Familie beruflich weiterkommen. Obwohl ich keine Kinder habe: Mir ist es ganz wichtig, Frauen, wenn sie ein Kind erhalten haben, weiterhin zu fördern. Nur eine Sache macht mich sauer: Wenn Frauen in ihren ganz jungen Jahren zielstrebig Karriere machen, dann mit dem ersten Kind alles hinschmeissen und nach drei Jahren mit 50 Prozent wieder einsteigen wollen. Das kann funktionieren. Doch wenn jemand drei Jahre weg ist, ist es fast nicht mehr möglich, auf das erforderliche Niveau zu kommen.
In Ihrem direkten Führungsteam gibt es nur Männer.
Ich bin noch nicht dort, wo ich sein möchte. Wir haben eine Initiative ins Leben gerufen, um Frauen in ihren Digital-Kompetenzen weiterzubilden, damit sie sich für Jobs bewerben können, die gut mit ihrer familiären Situation vereinbar sind.
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